Dass es eine derart gelungene Online-Premiere werden würde, hätten sich die Organisatoren rund ums Münchner Finance Forum (MFF) wohl selbst kaum vorstellen können. Rund 400 Teilnehmer nahmen an der 90-minütigen Podiumsdiskussion des MFFs teil.

Aber der Reihe nach:

Um Punkt 14 Uhr begrüßte der Vorstand des MFFs, Dr. Peter Oertmann alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 1. virtuellen Podiumsdiskussion des MFFs. Nach einer herzlichen Begrüßung und einer kleinen Einleitung, kündigte er die erste Referentin, Frau Dr. Friederike Köhler-Geib an.

Frau Dr. Köhler-Geib ist Chefvolkswirtin bei der KfW Bankengruppe und sie hielt ein spannendes Impulsreferat zum Thema: „Konjunktur und Kreditmärkte im Zeichen von Corona – die Krise als Sprungbrett zu neuer Stärke“. Zu Beginn des Vortrags gab sie ihren gespannten Zuhörerinnen und Zuhörern 3 zentrale Botschaften mit auf den Weg: Erstens, die wirtschaftliche Erholung nach der C19 Krise bleibt weiterhin fragil. Zweitens, ein offener Kreditkanal bleibt für die zügige Erholung der Wirtschaft weiterhin zentral und drittens, die Lösung von 3 unmittelbaren Herausforderungen entscheidet über die Schnelligkeit und die Art der Erholung. Diese 3 Herausforderung umfassen die kontinuierlich zunehmende Unternehmensverschuldung, die Chance aus der Beschleunigung der Digitalisierung nutzen zu können und die Anstrengungen zur Erreichung der Klimaneutralität aufrecht zu erhalten. Die KfW-Bank prognostiziert eine langsame Wirtschaftserholung im letzten Kalenderquartal. Für das kommende Jahr 2021 wird ein Aufholwachstum von circa 5% erwartet. Zudem geht die Dozentin davon aus, dass die Kreditvergabe für Unternehmen in Zukunft schwieriger wird. Interessanterweise ist die Lösung der 3 unmittelbaren Herausforderungen nicht nur auf Unternehmensebene von großer Bedeutung, sondern auch der Wirtschaftsstandort Deutschland könnte durch die Lösung der Herausforderungen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil generieren. Lösungsvorschläge zum erfolgreichen Durchschreiten der Krise, sind die Berücksichtigung der zunehmenden Unternehmensverschuldung, die Stärkung der Digitalisierung und das Erreichen der Klimaneutralität. In puncto Digitalisierung reicht es nicht nur einzelne Systeme und Services digital abzubilden oder monetäre Ressourcen zur Verfügung zu stellen, es muss auch vermehrt auf Fort- und/oder Weiterbildungen der Humanressourcen gesetzt werden.

Im Anschluss an diesen sehr informativen Vortag hatten die Zuhörer die Möglichkeit Fragen an die Referenten oder an das Podium richten. Das Podium bestand aus: Dr. Alexis Eisenhofer [Vorstand financial.com AG], Ingo R. Mainert [Geschäftsführer und CIO Multi Asset Europe Allianz Global Investors], Prof. Dr. Christoph Kaserer [TU München], Markus Taubert [Länderchef Muzinich & CO.] und Dr. Friederike Köhler-Geib [Chefvolkswirtin KfW Bankengruppe].

Dieses Angebot wurde von den Teilnehmern rege angenommen. Hierbei stand immer wieder die allgegenwärtige C19 Krise im Fokus. Die Experten unterstrichen immer wieder die Suche nach der richtigen Balance. Zum einem müssen die sozialen Kosten in einer Rezession richtig gemanagt werden. Anderseits müssen marktwirtschaftliche Prozesse auch zugelassen werden um die Gefahr von „Zombie-Unternehmen“ zu minimieren. Ein weiterer nennenswerter Punkt ist, dass In Zukunft Privatpersonen vermehrt Kredite vergeben. Zudem erwähnten die Experten, dass der Wirtschaftsstandort von einer sehr breiten Anzahl an Kleinen und mittelgroßen Unternehmen geprägt ist und sich somit stark von anderen Volkswirtschaften in Europa, aber auch global, unterscheidet.

Das zweite Impulsreferat wurde sehr mitreißend von Ingo Mainert vorgetragen. Auch sein Thema war hochaktuell: „Schöpferische Zerstörung läuft ins Leere“. Zu Beginn des Vortrags mahnt der Dozent vor einer Aufschiebung der Wirtschaftskrise, insbesondere deren Folgen sollten und dürfen nicht aufgeschoben oder gar aufgehoben werden. Jede ökonomische Entwicklung baut auf einer Art „kreativen Zerstörung“ auf, die die vorhandenen Produktionsfaktoren neuzusammensetzt und für eine systemrelevante Neuordnung sorgt. Ein Eingriff in diesen Prozess kann zu deutlich höheren Folgekosten führen und sollte tunlichst vermieden werden. Wir leben in einem Regime der semiradikalen Unsicherheit, die durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und einer starken Mehrdeutigkeit geprägt ist. Doch dieser Zustand sei schon vor Corona präsent gewesen. Sowohl national als auch global fehlte es an adäquaten Investitionen. Die Krise hat diesen Zustand nun noch verstärkt. Zusätzlich wird die Deglobalisierung beschleunigt. Im Zuge dieser werden globale Lieferketten wieder zunehmend national abgebildet. Die Auswirkungen für die Geldpolitik sind gravierend. Unter anderem müssen zinslose Kapitalmärkte alternativlos verhindert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Anzahl der Anleihen, die eine negative Rendite aufweisen, in diesem Jahr verdoppelt hat. Als Wege aus der Krise betonte er, dass jede Krise auch eine Chance bietet und diese sollte nicht ungenutzt bleiben. Es muss ein langfristiger Weg aus der Zinslosigkeit geebnet werden und er sieht Strukturreformen im Steuersystem als notwendigen Ansatz um erfolgreich die aktuelle Krise zu meistern.

Auch nach diesem Vortrag konnten die interessierten Zuhörer ihre zahlreichen Fragen an das Podium richten. Null- und Negativzinsen waren auch bei der zweiten Fragerunde ein Hauptthema. In den bisherigen wissenschaftlichen Modellen war ein Nullzinsszenario kaum vorstellbar oder schlichtweg nicht möglich. Sollte dieses Szenario aber zum neuen „Normal“ werden, dann könnte eine künstliche, politisch indizierte Zinserhöhung, Aktien als Anlageform stark beeinträchtigen. Generell ist der Aktienmarkt durch die hohe Zahl der teilweise irrational handelnden Privat- und Kleinanleger zur Zeit einer sehr hohen Unsicherheit ausgesetzt. Diese führe regelmäßig zu starken Fluktuationsspitzen. Trotzdem herrscht aktuell am Aktienmarkt ein sogenanntes „Bonanza-Szenario“. Interessanterweise haben gerade die Privatanleger zum Höhepunkt der Krise vermehrt in Aktien investiert. Die Spekulationsbereitschaft hat sich somit nachhaltig erhöht. Ein weiteres Diskussionsthema waren die Themen Sparen und Kredite. Konsumverzicht sollte belohnt werden und kostengünstige Kredite führen zu einer kognitiven Verhaltensänderung der Wirtschaftssubjekte und allgemein zu einer höheren Risikobereitschaft der Marktteilnehmer.

Pünktlich um 15:28 setzte Dr. Oertmann zum Schlusswort an. Er appellierte an ein Umdenken in puncto Altersvorsorge und dankte allen Experten und Referenten für ihre wertvolle Zeit und ihren hochinteressanten Input.

Wir, das Organisationsteam der 1. virtuellen Podiumsdiskussion des MFFs, danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Expertinnen und Experten und den beiden Referenten für ihre spannenden Vorträge. Ohne ihren Einsatz und ihre tatkräftige Mithilfe wäre das Event nicht möglich gewesen Ein besonderer Dank gebührt unserem charismatischen und äußerst eloquenten Moderator Dr. Peter Oertmann. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie bald wieder zu einer weiteren, virtuellen Podiumsdiskussion begrüßen dürfen und wünschen Ihnen und Ihren Familien Alles Gute und bleiben Sie gesund.